Treffen wir Entscheidungen, sind zwei „Bewertungssysteme“ in uns beteiligt: unser Verstand, der sehr offen für logische, rationale und belegbare Fakten ist und unser Gefühl, welches die Sichtweise des Verstandes entweder unterstützt, boykottiert oder neutral (unentschieden) bleibt.
Dieses (Bauch-)Gefühl, man nennt es auch das „emotionale Erfahrungsgedächnis“ stützt sich nicht auf Daten und Fakten, sondern wird durch unsere Erfahrungen, Werte, Glaubenssätze, Ängste und Bedürfnisse etc. bestimmt. Es bewertet Situationen wesentlich schneller, als unser Verstand sie analysieren kann – meist unbewusst, ohne unser bewusstes Zutun.
Entscheidungen fallen uns leicht, wenn unser Verstand und unser Gefühl konform gehen, andernfalls liegen wir mit uns selbst „im Klinsch“: etwas scheint z.B rational betrachtet gut, aber wir fühlen uns nicht wohl dabei. Ein Beispiel hierzu ist der Zahnarztbesuch. Es gibt nur wenige, die sich wirklich darauf freuen, aber wir wissen, dass es rational betrachtet wichtig für unsere Gesundheit ist. Bei den meisten ist wohl der Verstand stärker als das Unwohlsein, es gibt aber auch Menschen, bei denen die Angst überwiegt.
Die Realität ist leider noch viel komplexer. Wir werden überhäuft mit Informationen - die einen sprechen zunächst für Entscheidung A, die anderen für Entscheidung B, sie werden aber oft nach einiger Zeit schon wieder korrigiert oder revidiert. Unser Verstand tut sich schwer eine rational nachvollziehbare Entscheidung zu treffen und dann mischen sich auch noch unsere Gefühle ein und möchten auch „mitentscheiden“.
Gerade unsere Ängste haben eine große „Lobby“: Angst vor Krankheit, Angst vor dem Tod, Angst vor Ablehnung, Angst vor Verlust, Angst vor dem Ausgegrenztwerden, Angst vor Kontrollverlust, Angst vor Autorität usw. Es sind starke Gefühle, die entstehen, wenn wir eine Situation bzw. Umstände bewusst oder unbewusst als Bedrohung wahrnehmen oder die Erfüllung unserer Bedürfnisse (z.B. Sicherheit, Dazugehörigkeit, Gesundheit, Freiheit etc.) in Gefahr ist.
Warum schreibe ich darüber? Ich möchte dich ermutigen, dir bewusst zu machen, dass alle Menschen von ihren Gefühlen beeinflusst werden und ihr Verhalten oder Aussagen manchmal für dich nicht nachvollziehbar erscheinen können. Das betrifft natürlich auch dich selbst, wie auch deinen Partner oder Partnerin, deine Familie, FreundInnen, KollegInnen etc.
Egal, welche Entscheidungen du im laufe deines Lebens für dich triffst, hinterfrage sie regelmäßig, anhand aller dir vorliegender Informationen. Mache dir deine eigenen Ängste und Bedürfnisse bewusst und gestehe anderen die ihren zu. Ihr könnt hitzig diskutieren und Euch austauschen aber verurteile niemanden wegen seiner/ ihrer Einstellung oder Entscheidung (und seinen/ ihren Gefühlen) – es gibt für ihn/ sie gute Gründe, sie so zu treffen, auch wenn du sie nicht teilst und vielleicht auch nicht gutheißt.
Versuche immer sachlich und offen zu bleiben, denn Worte kann man nur schwer zurücknehmen. Grenze dich ab und nimm Abstand, wenn jemand in deinem Umkreis dich wegen deiner Einstellung oder Überzeugung angreift oder unter Druck setzen möchte, aber versuche es nicht zu persönlich zu nehmen, auch wenn sein/ ihr Verhalten oder seine/ ihre Worte verletzend ist– ein Mensch der Angst hat, ist im Stress, d.h. im Kampf- oder Fluchtmodus und ist selten rational oder vernünftig.